Predigt vom 10. Oktober 2004

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf


Thema: 
"Danken"
Predigttext

28. Sonntag im Jahreskreis 10. Okt. 2004
Les: 2 Kön 5,14-17; 2 Tim 2,8-13
Ev: Lk 17,11-19

Danken

Bevor ich etwas zum heutigen Evangelium sage, möchte ich einen Hinweis geben auf etwas, das wir ab nächster Woche beginnen wollen. Im Pfarrgemeinderat wurde der Vorschlag gemacht und auch beschlossen, den folgenden Versuch einmal zu wagen in der Hoffnung, dass er von der Gemeinde angenommen wird, dass nämlich all diejenigen, die zur Kommunion gehen wollen, - und das sind ja die meisten – beim Hereinkommen in die Kirche eine ungeweihte Hostie in eine dafür bereitgestellte Hostienschale legen, die dann zur Gabenbereitung von den Ministranten zum Altar gebracht wird.

Zwei Gründe gibt es dafür: einen praktischen und einen geistlichen:
Der praktische Grund: Es ist schon einmal vorgekommen, dass wir zu wenig konsekrierte Hostien hatten, in der Regel sind es aber viel zu viele. Vielleicht, wenn dieser Versuch angenommen wird, lässt sich dies etwas besser regeln.

Der geistliche Grund: Am vergangenen Sonntag haben wir Erntedank gefeiert als liturgischen Dank für die Ernte dieses Jahres. Vermutlich wissen Sie, dass in frühester Zeit die Gläubigen zu jeder Eucharistiefeier persönliche Dankesgaben mitgebracht haben, - übrigens ein Brauch, der in der Geldkollekte noch fortbesteht. Was an Brot und Wein für die Eucharistie benötigt wurde, wurde ausgesondert, das übrige, wozu natürlich auch andere Gaben gehörten, wurde an die Ärmeren verteilt.

Mit dem persönlichen Einlegen des Brotes in die Hostienschale könnte dieser Brauch in seiner tieferen Bedeutung wieder aufgegriffen werden. Denn in jeder Gabe, die wir Gott darbringen – und mag sie noch so klein sein – ist ja nicht gemeint: Ich gebe Dir, Gott, irgendetwas, sondern ich will mich Dir geben, mein Leben, meinen Dank, meine Bitten, meine Sorgen, auch andere Menschen, die mir Sorgen machen; all das will ich hineinlegen in die Schale, die Dir Gott, am Altar, vom Priester entgegengehalten wird, damit wir diese Gaben von dir verwandelt zurückerhalten: verwandelt in Leib und Blut, in die reale Gegenwart Deines Sohnes. Ich glaube, für manchen könnte dies auch eine Hilfe sein, noch bewusster zur heiligen Kommunion zu gehen: nämlich zu wissen: ich erhalte als göttliche Gabe zurück, was ich zuvor im Symbol der Brotgabe als meine menschliche Gabe zu Gott gebracht habe.

Nun noch ein paar Gedanken zum Evangelium. Es ist offensichtlich, dass es darin um Dankbarkeit ging; aber – damit wir uns darin nur ja nicht täuschen – nicht um die gutbürgerliche Dankbarkeit eines wohlerzogenen Menschen, der artig danke sagt, so wie es sich gehört, wenn man ihm ein Geschenk macht. Nein, es geht um etwas viel Tieferes. Dass der eine Geheilte nicht einfach weiter geht, sondern umdreht, umkehrt, sich umkehrt zu Jesus, ist viel mehr als ein Ausdruck seines gutbürgerlichen Anstands, wie er auf der ganzen Welt üblich ist. Das, worauf die Perikope zielt, ist der Glaube des Samariters; der Glaube, der die Umkehr hervorbringt und ihn erst wirklich und in der Tiefe heilt.

Neben seiner Umkehr, seinem Glauben, seinem Dank steht im Mittelpunkt, dass er Gott lobte und Ihn mit ganzem Herzen pries. Umkehr, Glaube, Dank und Lobpreis Gottes – das hat ihn geheilt. Was war das für ein Glaube?

Der Glaube, den Jesus hier meint, bedeutet eine das Leben bestimmende und fest umrissene Überzeugung, nämlich ein Bekenntnis zu Ihm, Jesus Christus, und zwar zu Ihm als dem Herrn, als dem Herrn meines Lebens. Denn ausdrücklich heißt es, dass der Geheilte sich Jesus zu Füßen warf.

Was aber hat es mit den neun anderen auf sich? Haben sie über der überwältigenden Freude ihres Geheiltseins einfach nur vergessen oder es nicht für nötig befunden, ihrem Wohltäter wenigstens ein Dankeschön zu sagen?

Ich glaube, eine solche Interpretation bliebe wohl eher an der Oberfläche und würde der biblischen Brisanz des Geschehens kaum gerecht.

Das Problem der Aussätzigen ist ja nicht einfach nur ein medizinisches. Mindestens so schwer wiegt, dass sie die Aus–sätzigen tatsächlich aus–gesetzt, auch sozial aus–gesetzt waren, herausgesetzt aus jeder normalen menschlichen Gemeinschaft. Isoliert, unter Quarantäne gestellt durften sie weder ihr familiäres Heim noch überhaupt Städte oder Dörfer betreten; jeder mied sie wie den leibhaftigen Tod, und in einem gewissen Sinn waren sie auch tot. Denn Aussatz bedeutete „sozialer Tod“, und zwar oft lebenslänglich – lebenslänglich tot. Und nun werden sie geheilt, und das Sich–zeigen bei den Priestern bedeutet nichts anderes als die offizielle Wiederaufnahme in die menschliche Gemeinschaft.

Von diesen Überlegungen aus wollen wir nun auf Jesus schauen. Er war auf dem Weg nach Jerusalem, in seinen Tod. Seine Popularitätskurve war schon längst im Sinken. Besonders eben diese Priesterschaft und andere der jüdischen Führungsschicht hatten den Tod dieses unbequemen Propheten beschlossen. War es überhaupt noch opportun, sich öffentlich mit Jesus blicken zu lassen, geschweige denn sich zu Ihm zu bekennen? Hätte das nicht bedeutet, sich schon wieder auszusetzen, in eine andere Art der Isolation und des Außenseiterdaseins zu begeben, anstatt einfach nur und endlich wieder „normal“ leben zu können? Können das nicht die Gründe gewesen sein, die sie bewogen haben, lieber nicht zu Jesus zurück zu kommen?

Und, liebe Gemeinde, unversehens wird die kleine Begebenheit ein brandaktueller Spiegel unserer Zeit. Sich mit Entschiedenheit und echtem Glauben zu Jesus Christus zu bekennen, immer wieder neu umzukehren, ihn anzuerkennen als meinen wirklichen Herrn und Gott zu loben und zu danken und zu ehren, wie wir es Sonntag für Sonntag in der Eucharistie (= Danksagung) bzw. Eulogie (= Lobpreis) der hl. Messe tun, ist zur Sache einer kleinen Minderheit geworden. In unserem Land ist es wohl nicht einmal mehr einer von zehn. Aber dies war wohl, wie schon im Evangelium, zu allen Zeiten Sache einer Minderheit. Ich für meinen Teil preise Gott für jeden, der bereit ist, auch heute noch zu dieser Minderheit zu gehören. – umzukehren, zu glauben, zu vertrauen, zu danken, zu loben und zu preisen, wie wir es jetzt in unserer Eucharistiefeier tun.

Pfr. Bodo Windolf

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